Warum haben wir also die letzte Juliwoche für unser Event ausgesucht? Warum nicht lieber im Juni, wo die Schulkinder, Studierenden und Politiker*innen noch in der Stadt sind? In erster Linie, weil wir dieses verträumte Sommergefühl im Juli mögen und dass sich in diesen wärmeren Tagen das Orts- und Zeitgefühl verschiebt. Jede*r kennt das: An Sommertagen hört man am liebsten auf zu denken, liest lieber seichte Romane, schaut trashige Filme und widmet sich dem Sport. Selbst in den heißen Julitagen sind aber mehr als die Hälfte aller Einwohner*innen in Wien und all jenen wollen wir gerade dann Unterhaltung bieten, wenn die Stadt ihr schönstes Kleid trägt. Den Fokus also von Juni und September auf den Juli verschieben. Nicht nur die Wirtschaft leidet, wenn die Leute hier ihr Geld verdienen, es aber in der Wachau (oder besser gesagt in Jesolo oder auf Korfu) ausgeben. Es ist vor allem unser soziales und ökologisches Leben in der Stadt, dem die Leute fehlen und schaden, wenn sie weite Reisen unternehmen. Im Moment ist Wien eine 4,5 Tage/ Woche- und 10 Monate/ Jahr- Stadt. Wie kann aus ihr eine urbane Vollzeit-Metropole werden, die es gerade im Sommer Spaß macht, zu entdecken?
Ein weiterer Gedanke unserer Eventwoche sind die Vorteile vom Zu-Fuß-Gehen in der Stadt. Zuhause geht man selten so gern zu Fuß wie im Urlaub, wo man ganze Tage durch eine neue Stadt streift oder auf einen Berg geht. Warum ist das so? Weil es so leicht geht in Wien, dass wir gar nicht bemerken, dass wir es tun? Weil es kostenlos und dadurch unterbewertet ist? Langweilig ist es ganz bestimmt nicht, gibt es in so einer schönen Stadt wie Wien doch so viel zu sehen. Mit unserer Walking Week wollen wir euch zeigen, welche positiven Effekte das Zu-Fuß-Gehen auf die mentale und physische Gesundheit, das Community Building, unseren ökologischen Fußabdruck und sogar auch für die lokale Ökonomie und Kreativität hat.
Was könnten die Gründe dafür sein, dass wir nicht öfter zu Fuß gehen? Manchen geht es vielleicht zu langsam oder das Wetter spielt nicht mit. Dabei ist Wien eine sehr dichte Stadt, man kann sie innerhalb von 4 Stunden einmal durchqueren. Die meisten Distanzen könnten bequem zu Fuß zurückgelegt werden. Außerdem kann man die Zeit beim Zu-Fuß-Gehen nutzen, um Meetings vorzubereiten, Ideen weiterzuspinnen oder gar Probleme zu lösen. Wenn man den Weg nutzt, um kreativer zu arbeiten – das Zu-Fuß-Gehen also als Arbeitsprozess begreift – dann ist gehen nicht die langsamste Fortbewegung durch die Stadt, sondern die produktivste! Noch dazu ist Gehen alles andere als ungesund. Wer zu Fuß geht, kennt die kürzeren Wege durch die Stadt, fern von aggressivem Autoverkehr. Es erfrischt unseren Kopf, denn es bringt Luft in unsere Lungen und lässt das Blut im Hirn zirkulieren. Das alles hilft dabei, neue Ideen zu produzieren. Und es ist ganz nebenbei der sozialste Weg zwischen zwei Meetings oder zur Universität.
Und wir haben einiges vor im Juli! Alle, die uns auf unseren 14 Walks begleiten, werden mehr als 120 Kilometer zurücklegen, und am Ende wie niemand sonst im Sommer 2020 zu dieser Stadt gehören. Die einzigen Bezirke, die auf unseren Routen fehlen sind Meidling, Hietzing, Hernals und Währing. Aber die werden wir nächstes Jahr dabeihaben, versprochen.
Der Titel Walking Week referiert auf die Working Week, das heißt die normale Arbeitswoche von Montag bis Freitag. Unsere Walking Week wird alles andere als normal: wir zeigen euch die Stadt von einer ganz neuen Seite. Mit dabei: viele verschiedene Einwohner*innen, ein paar Tourist*innen und Vertreter*innen aus den Medien, die uns bei unseren Abenteuern begleiten. Die meisten Events werden auf Deutsch stattfinden, einige aber auch auf Englisch, etwa für Englischunterricht für Studierende und alle anderen Interessierten.
Die Stadt Wien hat ein neues Tourismus Konzept, das weniger auf die Quantität der Besucher*innen als auf Qualität setzt. Deshalb wird Wien keine zusätzlichen Billigairlines mehr anwerben oder sich dem Massentourismus verschreiben. Außerdem soll es neue Restriktionen für Airbnb geben. Wien soll weniger für Parties als für seine Kultur beworben werden.
2019 hat der Flughafen in Schwechat 71 Millionen Menschen landen oder abfliegen sehen. Für eine Stadt mit 1,9 Millionen Einwohner*innen ist das eine extrem hohe Zahl. Dieser dekadente und unnachhaltige Lifestyle muss sich in Zukunft drastisch ändern. Der Tourismus ist für 5% der weltweiten CO2-Emissionen verantwortlich, miteinbezogen sind dabei die Hotels, Kreuzfahrten, Mietautos, Busse und Flugzeuge. Und dieser Prozentsatz steigt weiter an. Anders als zum Beispiel Essen oder Kleidung ist das Reisen an sich kein Grundrecht, das wir alle zum Leben benötigen. Sollten wir unser Reiseverhalten nicht grundsätzlich überdenken? Ohne den interkontinentalen Flugverkehr hätte sich auch das Coronavirus nicht so schnell ausgebreitet.
Tourist*innen suchen nach Erlebnissen, die authentisch, lokal und einzigartig sind. Kann man das auch alles als Einwohner*in von Wien erleben? Wir laden euch alle dazu ein, eine Woche Urlaub mit uns im Juli in Wien zu machen. Dabei werdet ihr sicherlich viel Geld auf eurem Bankkonto und Emissionen auf eurem ökologischen Konto sparen und viele neue Geschichten zu erzählen haben. Und das beste: ihr kennt eure Stadt viel besser als davor. Unsere Walking Week ist ein Experiment. Deshalb freuen wir uns, wenn ihr euren Freunden und Bekannten von unseren Sommerevents erzählt. Für alle steht eine Woche voller neuer Entdeckungen, Spaß und Diskurs bereit.
Mach mit bei unserer Vienna Walking Week!
Geh Bitte! #TourismForLocals